Wie ich nach Japan kam und was mich dort alles erwartete (Teil 4 - Kyoto)



Kurz nachdem ich von meinem Bar-Job gefeuert oder besser gesagt freundlich zur Tuer gebeten wurde (der Chef sagte ich solle auf jeden Fall zurueckkommen sobald ich das mit meinem damals noch Mann geklaert haette) rief ich meine russische Freundin Sofia an, die ich dort kennengelernt hatte.
Ich fragte sie, ob sie nicht wuesste wo ich auf die Schnelle etwas Geld verdienen koenne weil ich tief in der Scheisse sitze und sie fragte mich "Wuerdest du nach Kyoto ziehen wollen?"
Mir war es ehrlichgesagt ziemlich egal wo hin ich musste. Hauptsache ich koennte arbeiten.
Sie sagte mir ich solle Freitags um 7 Uhr Abends vor dem Daimaru-Einkaufszentrum in Namba, Osaka warten. Dort wuerde mich ein anderes rusisches Maedchen abholen und mit mir nach Kyoto zu einem Vorstellungsgespraech fahren.
Ich dachte mir sofort dass es wieder ein solcher "Bar-Job" sei denn sonst haette sie das wohl kaum so kurzfristig selbst entscheiden koennen wann und wo das Vorstellungsgespraech stattfinden wuerde.
Ich war also gewappnet

Am Freitag ging ich mit meiner Freundin zusammen zur vereinbarten Zeit zum vereinbarten Ort und dort kam nach einiger Zeit ein sehr huebsches blondes Maedchen zwischen den automatischen Tueren zum vorschein. Ich wusste sofort dass sie es sei. So viele Blondinen sieht man  in Japan ja auch nicht rumlaufen.
Sie war sehr klein, so wie ich auch und ich mochte sie nicht nur deshalb auf anhieb.
Sie stellte sich kurz vor und erklaerte mir, dass sie professionelle Musikerin sei. Sie sagte sie arbeite jeden Tag wo anders und habe viele Kontakte falls das Job-Interview nicht klappen sollte.
Ich war total erleichtert dass sie Englisch verstand und sie versicherte mir, fuer mich zu uebersetzen waehrend ich mit dem Chef des Schuppens reden wuerde.

Auf diesem Foto hatte ich mich bereits eingelebt
Trotzdem war ich sehr aufgeregt.
Als wir uns auf die knapp 1-stuendige Fahrt nach Kyoto machten war ich total nervoes.
Ich hatte mich schick zurecht gemacht aber trotzdem wusste ich immer noch nicht genau was mich erwarten wuerde.

Als wir ankamen folgte ein kurzer Fussmarsch durch enge Gassen und bald kamen wir vor einem 4-Stoeckigen Gebaeude an, vor dem ein Schild mit den Gesichtern von ca 30 auslaendischen Frauen gedruckt waren. Alle waren sehr huebsch aber soweit ich das beurteilen konnte etwas aelter.
Alle um die 30 oder sogar aelter.
Ich war damals 21 und wuerde damit allen Anscheins die Juengste dort sein.
Wir stiegen die engen, dunklen Treppen hoch bis in den 2. Stock und dort klopfte sie an eine Tuer. Als sie sich oeffnete stand dort eine noch huebschere Russin. Ich war total eingeschuechtert von ihrem strengen Blick und ihrer Schoenheit. Wie ich spaeter rausfand war sie "Rianna", der fruehere Star des Schuppens aber dazu spaeter mehr.
Wir traten ein und als erstes tauschten die 2 Maedchen ein paar Worte auf Russsisch.
"Rianna" stellte sich bei mir vor und sagte mir ich solle keine Angst haben (offensichtlich sah sie mir die Nervositaet an)
Sie taetigte einen kurzen Telefonanruf und sagte dann der Boss sei auf dem Weg.
Nach nicht einmal 2 Minuten war er auch schon da.
Als ich ihn zum ersten mal sah, blieb mir fast das Herz stehen. Ich hatte noch nie einen so riessigen und nennen wir es mal "Autoritaer" aussehenden Japaner gesehen. Er war fast 2 Meter gross und hatte Schultern wie ein Stier.
Wunderbar. Jetzt war ich noch nervoeser.

Einer meiner spaeteren Lieblingskunden :)
Als wir anfingen zu reden legte sich diese Nervositaet allerdings schnell. Der Boss sprach einige brocken Englisch und zusammen mit "Rianna" erklaerte er mir das System des Clubs.
Wieviel ich taeglich verdienen wuerde, wieviel ich pro Getraenk bekaeme etc.
Ich kannte mich damals noch immer nicht wirklich aus, wie diese Clubs funktionieren und die Erklaerungen sagten mir sogut wie nichts. Das einzige, das ich verstand war, dass er sagte ich koenne sofort anfangen und dass ich taeglich um die 100 Euro auf die Hand bekaeme.
Sex, Kuessen und enger Koerperkontakt mit Kunden sei untersagt und schade dem Geschaeft enorm.
Das reichte mir um zuzusagen.

Ich wurde in den 4. Stock gebracht und zog mich um. Ich hatte keine eigenen Klamotten dabei aber die liebe Russin, die mich in Osaka abgeholt hatte gab mir ein Kleid und Schuhe da wir die selbe Groesse hatten (Was ein lustiger Zufall war, denn ich kenne sehr wenige Leute mit so kleinen Fuessen wie ich)
Der Boss rief mich kurz nachdem ich etwas Make-up angelegt hatte und sagte mir ich solle mich doch an den Tisch zu "Anna" setzen, (der unbestrittenen "Nummer 1" dieses Clubs, wie ich spaeter erfur) um eine Idee zu bekommen, wie das Ganze ablief.
Ich sass mich dort hin, stellte mich auf Englisch vor und Anna, die eine huebsche halb-Fillipinin war, fragte mich etwas ueber mich selbst aus.

Der Kunde, der neben ihr sass war alt und schien ziemlich nett. Er sagte ihr sie solle mir doch erklaeren wie die Arbeit lief und dass sie ruhig Englisch reden duerfe. (Kunden sind auch dort die Koenige und man darf normalerweise nicht vor ihnen in einer Sprache reden, die sie nicht verstehen)
Ich fragte: "Kannst du mir erklaeren was ich genau tun muss?"
Und sie antwortete: "Nichts. Sitz einfach woimmer dich der Boss hinfuehrt und versuche mit den Kunden zu reden. Du musst nicht unbedingt japanisch koennen um sie zu unterhalten, es reicht wenn du sie zum Lachen und Trinken bringst. Wie du das machst ist egal."
Das beruhigte mich vorerst.
Wir sassen noch einige Zeit dort und redeten und der Kunde fragte mich auch so einiges, was Anna immer hoeflicherweise uebersetzte.
Wir tranken etwas Wein und hatten viel Spass.

Bis auf einmal ein anderer Kunde eintrat.
Bis dahin waren wir die einzigen die dort an den Tischen sassen (Die Frauen warten in einem Hinterzimmer darauf dass Kunden kommen. Diese verlangen dann entweder gezielt nach einer bestimmten Frau oder kommen als "Free-Kunden", was heisst dass ihnen eine Frau zugeteilt wird. Dabei duerfen diese Kunden auch Vorlieben wie Aussehen etc nennen.)

Der Kunde sass sich hinter uns und schon bald kam eine huebsche Blondine, die in sofort umarmte und kuesste. Ich war baff.
Mir wurde doch dort, wo ich vorher arbeitete und von der Russin im Zug sowie dem Boss vor ein paar Minuten gesagt das Intimitaeten mit Kunden tabu seien....
Anna sah mir den Schock scheinbar an und sagte sofort: "Keine Sorge, sie ist eine Ausnahme. Normalerweise machen wir sowas nicht!" was mich etwas beruhigte aber dennoch war ich noch immer etwas verwirrt... Wo war ich da nur gelandet....
Die Party for two neben uns ging noch einige Zeit weiter und ich sah beim rueberspaehen sogar einmal wie die beiden sich wild kuessten und mein Kopfkino war in vollem Gange. War der Club hier doch etwas anders als der davor? Mir war schon vorher aufgefallen, dass die Frauen nicht wie im vorherigen Club vorgeschrieben lange, elegante Kleider trugen sondern die Blondine zum Beispiel ein sehr freizuegiges Minikleid, das fast ihren Po entbloesste.
Naja zumindest konnte sie es sich mit dieser Bomben-Figur erlauben. Aber das Kuessen ging mir dann doch etwas zu weit.

In der Zwischenzeit fuellte sich der Laden langsam und es kamen immer mehr Kunden.

Anfangs trug ich aus Angst eher geschlossene Kleider
was sich aber im Laufe der Zeit aenderte.
Als der Kunde, bei dem ich sass die Rechnung verlangte und sagte er wuerde heim gehen, wurde ich nach hinten in das Frauenzimmer gerufen und der Boss fragte mich, wie ich es gefunden haette. Ich fragte ihn ob ich die Kunden kuessen muesse und er brach in schallendes Gelaechter aus. Er sagte in seinem nicht allzu schlechten Englisch: "Du meinst bestimmt die, die neben euch sass oder? Keine Sorge, sie ist eine Ausnahme. Ich werde sie mir mal vornehmen aber weisst du, sie liebt diesen Job und sie liebt es Maennern den Kopf zu verdrehen. Darum ist sie auch so erfolgreich! Ausserdem trinkt sie zu viel und frag sie bloss nicht nach ihrem Alter, da wird sie bissig."
Diese Worte kamen bei mir in ungefaehr so an "Um erfolgreich zu sein und viel Geld zu verdienen musst du eine Schlampe werden" Nein, danke. Da bleibe ich lieber bei meinen 100 Euro taeglich.

Junge Kunden machten mir am meissten Spass
da sie immer in Partystimmung waren
Die naechsten Tage verliefen recht normal und ich sass bei einigen Maennern und Gruppen, die alle fast kein Englisch sprachen. Deshalb sass ich nie allein sondern immer mit anderen Maedchen. Schon nach ein paar Tagen kam der erste Kunde, und verlangte nach mir. Der Boss rief mich: "Kari, du wirst verlangt" und ich war etwas ueberrascht. Wer wuerde es wohl sein, der mich fuer so interessant hielt mich wieder sehen zu wollen. Ich hatte doch nicht wirklich viel mit den meissten geredet.
Als ich an den Tisch gefuehrt wurde erkannte ich ihn sofort wieder. Ein etwas aelterer Herr, mit dem ich vor ein paar Tagen geredet hatte und mit dem ich auch viel Spass hatte. Er liebte es ueber Deutschland zu reden und Karaoke zu singen. Ausserdem hatten wir beide sehr viel getrunken und uns die Deckel der Flaschen in die Augenhoehlen geklemmt und uns benommen wie kleine betrunkene Kinder. Ich dachte ja ich wuerde den eh nie wieder sehen. Aber scheinbar doch.
Er begruesste mich und sagte mir, dass er das Gespraech mit mir sehr genossen habe und dass er mich wieder sehen wollte.
Wir bestellten ein paar Flaschen Wein, Essen, Fruechte und mehr und hatten sehr viel Spass. Ich wusste damals noch nicht dass diese "Request" wie man es nennt, mir einiges an Geld eingebracht hatte. Allein die Flaschen Wein waren sehr teuer und die Fruechte und das Essen auch. Aber davon wusste ich damals noch nichts. Auch nicht dass ich von den Einnahmen meiner eigenen Kunden, die mich explizit verlangen 10% und mehr bekommen wuerde wusste ich nicht.
Ich verstand damals auch die japanische Waehrung noch nicht allzugut und vertat mich des Oefteren, weshalb ich dachte ich haette falsch umgerechnet als ich die Rechnung am Schluss sah. Etwas ueber 600 Euro? Fuer 2 Stunden Reden und Trinken? Das konnte nicht stimmen.

Der Kunde wollte nicht gezeigt werden
deshalb hab ich ihn weggeschnitten
Die Woche ging dahin und auch der Monat war schnell vorbei.
Es gab einige Maenner die zurueck kamen um mich zu sehen und ich fand Gefallen an dem Job.
Es machte mir Spass jeden Tag zu trinken und zu essen ohne dafuer bezahlen zu muessen und die ca 100 Euro die ich taeglich dafuer verdiente waren das I-Tuepfelchen.
Ich musste wirklich nur dasitzen und reden, trinken, die Kunden unterhalten und Karaoke singen.
Fuer mich war dieser Job perfekt.
Einmal kamen sogar 2 Geishas zu uns. Sie waren mit einem Kunden unterwegs, der scheinbar seeeehr reich war.
Ich unterhielt mich mit der, die am besten Englisch sprach und sie erzaehlte mir, dass sie gebucht wurden. Normalerweise duerfen sie nicht in solche Clubs gehen, weil das ihrem Kodex entgegensprach aber sie wollten so gerne sehen, wie die Auslaenderinnen wohl mit den Kunden umgingen und ausserdem hatten sie noch nie einen Poledance gesehen.
Poledance gabs natuerlich bei uns auch und die Taenzerin war der helle Wahnsinn.
Die Figur umwerfend toll, gross, schlank, blond, halb Brasilianerin und halb Ukraina.
Sie war wunderschoen und durchtrainiert mit endlos langen Beinen.

Als der Monat vorbei war rief mich der Geschaeftsfuehrer in sein kleines Zimmerchen, in dem die Rechnungen erstellt werden und die Kasse stand. Er sagte "Du machst deinen Job recht gut" und drueckte mir einen Umschlag in die Hand, in dem sich, wie ich am klimpern hoerte, scheinbar Muenzen befanden.
Er sagte das sei mein "Bonus" und schickte mich damit raus.
Ich machte den Umschlag daheim auf und darin war ein Zettel auf dem einiges Gerechne in schlampiger Schrift geschrieben war darunter Begriffe wie "tax".
Ich zaehlte nach und es waren 45680 Yen, was etwas mehr als 400 Euro sind.
Ich war geschockt.
Sollte ich in dem einen Monat wirklich soviel eingenommen haben, dass ich zu den 100 Euro taeglich noch 400 Euro dazubekommen wuerde? Das konnte nicht sein!
Aber es war so und mit dem Geld gingen ich und meine Freundin erstmal richtig feiern.



Mehr ueber die Schattenseiten des Jobs als Hostesse und meine Zeit in Kyoto gibts beim naechsten mal :)

Rinchan's Welt

Mein Name ist Rin, ich bin 25 Jahre alt und moechte euch in diesem Blog einen kleinen Einblick in mein Leben in Japan geben. Viel Spass beim Stoebern und mehr ueber mich findet ihr bei "About me".

5 Kommentare:

  1. Total interessant. Ich lese diese Reihe wirklich sehr sehr gern, weil du einfach Dinge erlebt hast, die man so sonst wahrscheinlich nirgendwo zu lesen bekommt.
    Wirklich skurril, aber dennoch faszinierend.

    Freu mich auf den nächsten Teil :)

    Liebe Grüße

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    1. Ja ich muss zugeben, ich habe mich auch oft auf duennem Eis bewegt. Aber so war ich damals, nichts konnte mir Angst machen oder mich einschuechtern :D

      LG Rin

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    2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  2. Antworten
    1. Der Naechste ist bereits in Arbeit :) Wird die Woche noch erscheinen. Hast du auch einen Blog? Kann ueber deinen Google Account nichts finden :(

      LG Rin

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